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Zu Hause ist wo anders - Epilog

 

 

Ein Freund ist jemand, der mein Herz berührt.

 

Als Linus mein Herz berührte, fühlte es sich an wie Sterben und Leben zugleich. Linus war der erste Mann, den ich wirklich liebte.

Nach dreieinhalb Jahren ging die Beziehung zu Ende. Sie hörte einfach auf. Es war die schönste und traurigste Zeit in meinem zweiten Leben. Ich habe wieder gelernt zu lieben und geliebt zu werden. Ich habe wunderbare Gefühle wieder entdeckt. Geborgenheit. Vertrauen. Hoffnung.

Am Anfang meiner Aufarbeitung habe ich in einem Buch gelesen, daß es passieren könnte, daß eine Beziehung zu Ende geht, weil man sich so stark verändert. Ich wollte es nicht glauben. Aber es wurde wahr.

Es ist paradox. Ich mußte meine Vergangenheit aufarbeiten, um zu überleben. Und habe dabei meine große Liebe verloren.

 


 

Deadline

Es fühlt sich an wie sterben, meine Energien schwinden, ich habe kaum noch Kraft zum Leben. Am Donnerstag hat mir Linus gesagt, daß er sich von mir trennen wird. Daß er eine Wohnung suchen wird. Endgültig. Heute hat er es bestätigt. Er will fort von mir so schnell wie irgend möglich. Er hat die Entscheidung getroffen, ohne mir eine Chance zu lassen. Linus hat die Gründe genannt: keine Kommunikation, keine Geborgenheit, kein Inarmnehmen, keine Gefühle für ihn. Also liegt es zum größten Teil an mir. Ich wünschte, ich hätte Linus mehr genutzt, denn geschadet. Ich wollte Linus nicht zurückwerfen. Ich wollte Linus seelisch nicht verkümmern lassen. Und doch habe ich es getan. Es gibt dafür Gründe und ich hoffte, Linus würde die Zeit warten, würde geduldig sein. Gerade jetzt. Das, was ich aufzuarbeiten hatte ist größtenteils "erledigt". Kurz vor Schluß zieht er mir den Boden weg und ich falle und weiß noch nicht, wo ich aufschlagen werde. Ich habe mal wieder alles falsch gemacht, was falsch zu machen war. Das Aufarbeiten hat mich so viel Kraft gekostet, da hatte ich keine Kraft mehr für ihn. Das ist mein Verhängnis. Vergangenheit. Vergangenheit contra Beziehung. Schuld trägt demnach der Hausmeister, die Nonnen, das Kinderheim. Ich mußte die Vergangenheit aufarbeiten, um überhaupt leben zu können. Ich mußte mich stets aufs Neue motivieren, um gegen meine Vergangenheit nicht zu verlieren. Ich habe diesen Kampf gewonnen. Aber ich habe dafür den wichtigsten Menschen in meinem Leben verloren: Linus. Ich konnte es nur alleine schaffen, aufarbeiten. Einen anderen Weg gab es nicht. Linus hat mir viel geholfen, auch wenn er das nicht weiß. Linus hatte viel Geduld, nur eben nicht genug. Es war wahrscheinlich auch zu viel verlangt. Linus wollte mir helfen und ich hatte das Gefühl, dafür ausreichend Zeit zu haben. Ein schwerer Irrtum. Aus seiner Sicht genüge ich ihm nicht. Nicht mehr? Oder von Anbeginn? Es ist schwierig zu glauben, daß es Liebe war. Was für eine Liebe? Ich kenne nur zwei. Die von meiner Mutter und die von Linus. Und die lassen sich nicht miteinander vergleichen. Ich wünschte, Linus würde zurückkehren. Mir eine Chance geben. Was würde sich ändern? Meine Vergangenheit würde immer weniger eine Rolle spielen. Ich hätte mehr Zeit und Kraft, in unsere Beziehung zu investieren. Aber es geht wohl nicht mehr. Ich kann es nicht glauben. Ich will es nicht glauben. Alles umsonst. Weggeworfen. Einfach weg. Als ob sie nie existiert hätte. Linus will fort von mir. Er ist fort. Als Linus es gesagt hat, klang es unwiderruflich. Endgültig. Kein Platz für Hoffnung, Linus hat mich nicht gefragt. Er hat die Entscheidung alleine getroffen. Warum? Verdammt, warum? Es ist wie ein Alptraum. Ich wache aus dem letzten auf und befinde mich in einem neuen. Es macht alles keinen Sinn. Was immer ich gesagt oder geschrieben hatte, es kam falsch an. Linus konnte mich nicht verstehen. Bin ich so kompliziert, so undurchschaubar, so unbegreiflich? Nach dreieinhalb Jahren blühender Landschaften, Wärme, Geborgenheit, Liebe bin ich nun wieder in dem kalten Ödland, in dem ich früher schon mal war. Nach dreieinhalb Jahren wirft Linus alles hin. Tür zu, Licht aus. Ich habe mein Zuhause verloren. Das Zuhause, das ich all die Jahre verzweifelt gesucht habe. Gefunden habe. Von diesem Zuhause jäh entrissen fühle ich mich hilflos und ängstlich wie damals vor der großen braunen Türe, in dem grellen weißen Schlafzimmer. Ich liege alleine im Bett und niemand ist da. Meine Mutter ist gestorben. War einfach weg. Unbegreiflich. Allein zurückgelassen. Ich konnte trauern und anfangen, damit zu leben. Muß ich jetzt wieder trauern? Um einen geliebten Menschen weinen? Jetzt, wo ich gerade wieder gelernt habe zu lachen? Wo ich wieder glücklich sein konnte? Ich bin wieder sieben, fremde Menschen sagen, das muß so sein. Fremde Menschen reden und ich verstehe sie nicht. Bei Linus bin ich Zuhause angekommen. Zur Ruhe. Zur Geborgenheit. Jetzt greifen Arme der Traurigkeit nach mir. Wenn ich Linus mehr schade als daß ich ihm gut tue, dann ist es für ihn besser zu gehen, auch wenn er mich dabei zurückläßt. Selbst wenn ich dabei zu Grunde gehe, muß er gehen. Ich wollte ihm nie weh tun. Ich wollte liebevoll zu ihm sein. Ich habe ihm weh getan. So sehr, daß er von mir fort muß. Daß er sich von mir befreien muß. Ich wollte, daß Linus glücklich ist und will es noch. Wenn Linus nur ohne mich glücklich werden kann, dann darf ich ihn nicht weiter "belästigen", ihm weiter im Weg stehen. Dann muß ich ihn gehen lassen. Dann muß ich hoffen, daß er ohne mich wirklich glücklich werden kann. Daß Linus irgendwann einen Menschen findet, der ihn glücklich macht. Der ihm das gibt, was ich nicht geben konnte. Ich wollte ihm wirklich nicht weh tun. Und doch habe ich es getan. Dafür gibt es noch nicht einmal eine Entschuldigung. Wenn ich nicht sein Freund sein kann, dann hoffe ich, daß ich nicht sein Feind bin. Mir wird sein Lachen fehlen, seine Hände, sein ganzer Körper. Seine Nähe, seine Liebe, seine sanften Blicke, seine ruhige Stimme, alles. Man ist zeitlebens für das verantwortlich, was man sich vertraut gemacht hat. Das darf ich nun von Linus nicht mehr einfordern. Ich spüre meine Liebe zu ihm, wenn ich ihn sehe, wenn er mit Kopfhörern durch die Wohnung läuft, wenn das Geschirr herumsteht, wenn das Sofa vollbepackt ist, wenn der Müll überquillt. Ich spüre meine Liebe zu ihm, wenn er neben mir im Bett liegt und ich seinen geschmeidigen Körper im fahlen Laternenlicht sehe. Ich spüre meine Liebe zu ihm, wenn ich leide, weil er leidet. Ich spüre meine Liebe zu ihm, wenn er glücklich ist. Wenn Linus wieder glücklich geworden ist, dann werde ich ihn auch weiter lieben und mich daran erinnern, wie gut er mir tat, wie sehr er mein Herz berührte. Dann werde ich lächeln können und weinen.

22. März 1998

 


 

1995 habe ich angefangen, meine Vergangenheit bewußt aufzuarbeiten. Ein Teil davon ist der Brief an den Hausmeister.

Ein anderer ist das Niederschreiben meiner Geschichte. Begonnen habe ich damit im Frühjahr 1997. Den letzten Teil habe ich im März 1999 geschrieben.

Ich habe geweint. Nächtelang. Getrauert. Über meine verlorene Kindheit und Jugend. Ich hatte Schmerzen, die kaum auszuhalten waren. Habe nachgedacht. Endlos. Daß ich Kopfschmerzen davon hatte. Habe Dinge entdeckt, die mir völlig verborgen waren. Habe mein ganzes Leben hervorgeholt aus der hintersten Ecke meiner Seele.

Manchmal war ich tagelang nicht ansprechbar. Völlig weggetreten. Zog mich total zurück. Unerreichbar. Selbst für mich. Die Vergangenheit hat mich jäh heimgesucht. Sie wollte mich vernichten. Ich drohte unterzugehen. Aber sie hat es nicht geschafft.

Ich habe wieder lachen gelernt. Ich kann wieder glücklich sein. Wenn ich heute auf mein Leben zurückblicke, trauere ich noch immer. Ich weiß, die Zeit ist verloren. Ich muß lernen im Jetzt zu leben. Jeden Tag aufs Neue.

Sexueller Mißbrauch. Das ist mein Verhängnis. Es will kaum jemand wahrhaben. Selbst wirklich Interessierte, wirkliche Freunde können dies, wenn überhaupt, nur sehr begrenzt aufnehmen, erfassen und nachvollziehen.

Letztendlich bleibt man doch allein. Ein Leben lang. Es wäre eine Illusion zu glauben, man könnte seine Vergangenheit ad acta legen. Sie verfolgt mich. Jeden Tag, vor allem jede Nacht.

Auch wenn die Vergangenheit keine Macht mehr über mich hat, sie wird immer wieder hochkommen. Aber jedesmal ist es schwächer. Tut es weniger weh.

Hoffnung. Hoffnungslose Hoffnung.

 


 

LKA 4134, 10787 Berlin, den 05.12.96

Vermerk

Anläßlich der Vernehmung des Anz./Gesch., Herrn Stefan Strauch, weitere Pers. bek., stellte sich heraus, daß alle sexuellen Handlungen zu seinem Nachteil, begangen durch den Beschuldigten, Herrn H. A., gewaltlos verlaufen sind. Wie sich bereits aus den vom Anz. bei Anzeigeerstattung beigefügten Unterlagen gem. Bl. 2 bis 12 d.A. ergibt, dürfte in diesem Zusammenhang jedoch maßgeblich die Entwicklung des "Mißbrauchsverhältnisses" relevant sein.

Herr Strauch äußerte hierzu selbst, daß für ihn u.a. entscheidend war, daß er bereits als Zwölfjähriger von dem Besch. mißbraucht wurde und quasi alle weiteren Handlungen schon deshalb ohne Gewaltanwendung oder zumindest Widerstandsversuche seiner Person geschahen, gerade weil der Beschuldigte zu ihm eine Beziehung unterhielt, die in gewisser Hinsicht auch eine Abhängigkeit auf emotionaler Ebene beinhaltete.

So sei der Besch. die einzige Bezugsperson im positiven Sinne für den Gesch. gewesen, der nach eigenen Angaben Einzelgänger und äußerst introvertiert während des Heimaufenthaltes war. Er habe sich häufig gegen die Heimleitung, betreuende Schwestern etc. aufgelehnt und sei letztendlich nur durch den Besch. akzeptiert worden, der ihm darüber hinaus bestimmte "Privilegien" einräumte, die gerade im damaligen Alter des Gesch. einen großen Anreiz und auch eine Art von Bestätigung darstellten (Zigaretten, Alkohol, Videofilme bzw. Pornofilme etc.).

So habe er sich dem Besch. bei seinen Annäherungen immer irgendwie "verpflichtet" gefühlt und habe sich aufgrund dieses Verhältnisses und der emotionalen Bindung nie in der Lage gesehen, sich den sexuellen Handlungen zu entziehen.

Dazu dürften auch noch Aspekte zu berücksichtigen sein, die auch bei sexuellen Mißbrauchshandlungen beim Opfer vorliegen, nämlich durchaus auch Lustgefühle und sexuelle Befriedigung, die ggf. noch mehr zu Verwirrung und ggf. eigener Schuldzuweisung führen.

Insgesamt betrachtet sind auch nach hiesigen Erfahrungen die Darstellungen des Anzeigenden dahingehend nachvollziehbar. Gerade bei langjährigen Mißbrauchsbiographien, denen ein emotionales Bindungsverhältnis zwischen Täter und Opfer zugrunde lag, fällt es dem jeweils betroffenen Opfer häufig äußerst schwer, das Geschehene richtig zu bewerten und die eigenen Position in diesem Beziehungsgefüge als Opfer zu erkennen. Dies dürfte im vorliegenden Sachverhalt sehr deutlich werden, da der ursprünglich an den Besch. gerichtete Brief gem. Bl. 2 bis 11 d.A. klar erkennen läßt, welche Entwicklung bei und für den Geschädigten erforderlich war, um das Erlebte ver- bzw. aufarbeiten zu können.

So gab der Geschädigte hier auch an, daß sowohl das Versenden dieses Briefes, als auch die schließlich getroffene Entscheidung, Anzeige gegen den Besch. zu erstatten, in erster Linie für ihn weitere Schritte in bezug auf die konsequente Losbindung von dem Beschuldigten sind, und erst in zweiter Linie den Wunsch nach Bestrafung beinhalten.

Hier machte der Geschädigte jedoch auch deutlich, daß er die Anzeige auch aus dem Aspekt erstattet habe, daß der Beschuldigte in dem in Rede stehenden Kinderheim nach wie vor als Hausmeister tätig sei und dieser ggf. weitere Heiminsassen sexuell mißbraucht haben könnte und ggf. aktuell auch tut.

Da der Geschädigte in seinem Schreiben Bl. 1 d.A. auch um Erwirken einer gerichtlichen Verfügung ersuchte, die dem Besch. weitere Kontaktaufnahmen zu ihm untersagt, wurde ihm erläutert, daß eine solche Verfügung auf dem zivilrechtlichen Wege zu erwirken sei. und mit der straßprozeßlichen Schiene nicht erreicht werden könne.

Um seinem Bedürfnis entgegen zu kommen wurde seine aktuelle Berliner Meldeanschrift in der Ermittlungsakte geschwärzt, damit diese bei evtl. Akteneinsicht nicht an den Beschuldigten gelangen könnte. Die ladungsfähige Anschrift des Geschädigten wird daher gesondert vermerkt und in einem Umschlag für die Handakte der Staatsanwaltschaft beigefügt.

Der Geschädigte hat aus eigenem Anlaß auch dementsprechend einen sog. Sperrvermerk beim Landeseinwohneramt Berlin beantragt, so daß eine Auskunft aus dem Melderegister unterbunden ist.

Der Geschädigte wird zur weiteren Information ein ärztliches Gutachten nachreichen, das anläßlich einer ärztlichen Untersuchung bezüglich seines Wehrdienstverweigerungsverfahrens erstellt worden sei.

Darüber hinaus benannte er hier zwei Personen, die seinerzeit in dem in Rede stehenden Kinderheim als Erzieherinnen tätig waren und ggf. als Zeugen in Betracht kommen: Frau S. D., Buchenberg und Frau B. H., Kempten.

 

LKA 4134, 10787 Berlin, den 05.12.96

Vermerk

Für die evtl. Beiziehung der entsprechenden Akten über den Geschädigten Strauch beim zust. Jugendamt und des Vormundschaftsgerichtes Kempten/Allgäu gab dieser hier folgende Aktenzeichen an:

Vormundschaftsgericht: Az. 5 VII 7/77

Jugendamt: 36-51.30.50 St 18

 


 

Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Kempten, 10. 03.1997

Das Verfahren wird gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

Dem Beschuldigten liegt zur Last, als Hausmeister des Gerhardingerhauses in Kempten sexuelle Handlungen an dem früher dort untergebrachten Anzeigeerstatter vorgenommen zu haben.

Das Ermittlungsverfahren war jedoch einzustellen, da Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

Soweit die Strafvorschriften des sexuellen Mißbrauchs von Kindern in Betracht kommt, ist festzustellen, daß der Anzeigeerstatter am 20.07.1983 das 14. Lebensjahr vollendet hat, die Verjährung gemäß § 176 StGB beträgt 10 Jahre, die Taten sind daher am 20.07.1993 verjährt.

Soweit sexueller Mißbrauch von Schutzbefohlenen gemäß § 174 Abs. 1 StGB in Betracht käme, was schon zweifelhaft erscheint, beträgt die Verjährungsfrist lediglich 5 Jahre, der Anzeigeerstatter verließ das Heim 1986, auch diese Taten sind verjährt.

Später erfolgte sexuelle Handlungen, die mit Einverständnis des bereits erwachsenen Anzeigeerstatter stattfanden, sind überhaupt nicht strafbar. Gewaltsame sexuelle Handlungen, die einer längeren Verjährungsfrist unterliegen würden, konnten nicht festgestellt werden. Das Ermittlungsverfahren war daher einzustellen.

 


 

Der Generalstaatsanwalt bei dem Oberlandesgericht München, 9. Mai 1997

Der Beschwerde vom 26. März / 16. April 1997 gegen die Verfügung der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Kempten vom 10. März 1997 gebe ich keine Folge.

Auf die vorbezeichnete Beschwerde wurden die einschlägigen Vorgänge von mir unter Beiziehung der Akten überprüft. Ergebnis ist, daß die Entscheidung der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Kempten gemäß § 170 Abs. 2 StPO einzustellen, der Sach- und Rechtslage entspricht.

Insoweit wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die zutreffende Begründung der angegriffenen Verfügung Bezug genommen.

Das Vorbringen des Antragstellers rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Kempten führte hierzu bei Vorlage der Akten folgendes aus:

"Der Anzeigeerstatter hat ausdrücklich angegeben, daß die sexuellen Handlungen nie mit Gewalt oder Drohungen verbunden waren (s.a. Bl. 26). Sexuelle Nötigung liegt daher nicht vor."

Dem wird beigetreten.

Der Sachvortrag gibt auch für die Annahme einer psychischen Nötigung keine geeignete Grundlage her. Darüber hinaus läßt sich keine einzige Tathandlung mehr zeitlich, örtlich und dem Geschehensablauf genau genug präzisieren.

Abschließend sei darauf hingewiesen, daß die Stadt Kempten die nötigen Schritte eingeleitet hat, um Wiederholungen derartiger Vorkommnisse bei Heiminsassen zu verhindern.

 


 

Jugendamt Kempten, Sozialdienst, Az. 162-No/lu, 20.03.1997

An: Stiftungsverwaltung

Betreff: Akte der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Kempten (Allgäu) Az. 331 Js 20489/96, vom 17. März 1997

Sehr geehrter Herr Dreher,

die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Kempten hat uns o.g. Akte über Herrn H. A., Hausmeister des Kinder- und Jugendheimes Gerhardingerhaus, übersandt mit der Bitte um Kenntnisnahme. Herr A. wird des sexuellen Mißbrauchs von Kindern bezichtigt und nach Überprüfung der Unterlagen wurde das Ermittlungsverfahren gegen Herrn A. wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Die Einstellung wird damit begründet, daß die Straftaten verjährt sind.

Nach Durchsicht der Unterlagen sind wir der Auffassung, daß zumindest die Anschuldigungen sehr präzise und ausführlich dargestellt sind und wir sind der Auffassung, daß zumindest eine Gefahr für die anderen Jugendlichen durch Herrn A. ausgehen kann. Zumindest unter diesem Aspekt ist es für uns als Jugendamt nicht mehr vertretbar, Kinder und Jugendliche in diese Einrichtung zu geben.

Es wird gebeten, die Angelegenheit zu überprüfen und entsprechende Maßnahmen in eigener Zuständigkeit vorzunehmen.

Im Auftrag

Nock
Abteilungsleiter 

 


 

Der Hausmeister wurde fristlos entlassen.

Er hat sich nie bei mir entschuldigt.